Wie ein Virus (COVID-19) die Digitalisierung deutscher Unternehmen beeinflusst
Sehen wir es positiv: Trotz vieler Einschränkungen des alltäglichen Lebens bildet die Coranavirus-Pandemie einen signifikanten Antrieb der Digitalisierung in Deutschland. Die Folgen der Krise lassen die Bedeutung der Digitalisierung und deren Notwendigkeit für deutsche Unternehmen klar erkennen. Deutschland weist in vielen digitalen Entwicklungen, z.B. E-Government, digitale Infrastruktur, Arbeiten 4.0, E-Learning oder digitale Geschäftsmodelle, noch deutliche Rückstände im Vergleich zu anderen Ländern auf. In der Vergangenheit wurde dem technologischen Fortschritt in Wirtschaft und Verwaltung wie auch ganz allgemein für die Gesellschaft zu wenig Achtung geschenkt. Das Ergebnis dessen ist jetzt sehr genau zu beobachten.
Das Virus sollte als Apell angesehen werden, die bisherigen Versäumnisse dieser Thematik voranzutreiben. Ein weiträumiger Ausbau der digitalen Infrastruktur, die zielführende Digitalisierung von Prozessen und Überprüfung von Geschäftsmodelle bzw. Anpassung dieser an das digitale Zeitalter ist unumgänglich – und das schnellstmöglich. Wer den Anschluss verpasst, wird am Markt nicht mehr lange bestehen bleiben. Wer nicht zumindest für Bereiche seines Unternehmens eine Digitalstrategie entwickelt hat oder gerade entwickelt, wird nur schwer in der sich ändernden Wirtschaftswelt überleben können. Durch das Coronavirus erhält die Wirtschaft und damit die Digitalisierung aber auch die Automatisierung einen enormen Aufschwung. Es ist eindeutiger als je zuvor: Unternehmen mit hohen Cash-Reserven und digitaler Transformation ihres Unternehmens werden als Gewinner der Krise bestehen, ihre Marktposition festigen und ausbauen können. Es ist an der Zeit, die Digitalisierung als Chance zu begreifen, um die Corona-Krise positiv zu meistern.
Digitalisierung als goldener Weg
Eine Bitkom-Studie vom April 2020 zeigt: „Nur noch jedes zehnte Unternehmen hat Existenzangst aufgrund der Digitalisierung. Die Digitalisierung wird dabei in der Breite der deutschen Wirtschaft positiv gesehen. 9 von 10 Unternehmen (90 Prozent) sehen sie eher als Chance, nur 5 Prozent als Risiko. Jedes Dritte (34 Prozent) gibt zugleich an, Probleme zu haben, die Digitalisierung zu bewältigen. Aber nur noch jedes zehnte Unternehmen (10 Prozent) sieht seine Existenz durch die Digitalisierung gefährdet. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 12 Prozent, vor zwei Jahren sogar bei 24 Prozent. Die Unternehmen versuchen als Folge der Digitalisierung ihr Angebot anzupassen. So bringen 6 von 10 der Unternehmen (60 Prozent) als Folge der Digitalisierung neue Produkte oder Dienstleistungen auf den Markt. Vor einem Jahr lag der Anteil erst bei 53 Prozent, vor zwei Jahren sogar nur bei 48 Prozent. Drei Viertel (75 Prozent) passen inzwischen bereits bestehende Produkte oder Dienstleistungen an, jedes Zweite (49 Prozent) nimmt Produkte oder Dienstleistungen vom Markt.“
(Quelle: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Deutsche-Unternehmen-geben-sich-eine-Drei-im-Fach-Digitales)
Des Weiteren weist die Bitkom-Studie nach, dass drei Viertel der Unternehmen mittlerweile eine Digitalstrategie besitzen: „Der Anteil der Unternehmen, die die Digitalisierung strategisch angehen, steigt dabei weiter. So haben inzwischen mehr als drei Viertel (77 Prozent) eine Digitalstrategie entwickelt: 39 Prozent verfügen über Strategien in einzelnen Unternehmensbereichen, 38 Prozent sogar über eine zentrale Digitalstrategie. Allerdings verzichtet immer noch rund jedes fünfte Unternehmen (22 Prozent) auf eine Digitalstrategie. Auffallend: Während alle Unternehmen mit 2.000 oder mehr Beschäftigten über eine Strategie verfügen und nur 7 Prozent der großen Unternehmen mit 500 bis 1.999 Mitarbeitern keine Strategie aufgestellt haben, liegt der Anteil bei kleinen und mittelständischen Unternehmen deutlich darüber. Bei jenen mit 100 bis 499 Mitarbeiter sind es 18 Prozent, bei denen mit 20 bis 99 Mitarbeitern sogar 23 Prozent. „Wer nicht einmal für Teile seines Unternehmens eine Digitalstrategie aufgestellt hat, muss sich schon fragen lassen, ob er seine Existenz mutwillig aufs Spiel setzen will“, so Berg (Präsident des Branchenverbands Bitkom). „Beunruhigend ist, dass zu viele kleine und mittlere Unternehmen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft gerade in Krisenzeiten bilden, bei der Digitalisierung auf Sicht fahren. Jedes Unternehmen muss jetzt eine Digitalstrategie entwickeln – und diese dann auch konsequent umsetzen.“ (Quelle: ebd.)
In vielen Unternehmen geschieht bereits ein Umdenken hin zu digitalen Geschäftsstrategien. Sie nutzen die Krise, um ihre Leistungen, Vertriebswege und Arbeits- oder Prozessabläufe anzupassen. Empfehlenswert ist dabei, dass eine digitale Transformation einem ganzheitlichen Konzept folgt. Jedoch ist hierbei nicht nur auf innerbetriebliche Abläufe und das Personal eines Unternehmens zu achten, sondern auch auf die Kundinnen und Kunden Rücksicht zu nehmen.
Beispiele aus der Praxis
Die Praxis zeigt: Unternehmen konzentrieren sich immer mehr auf digitale Lösungen. Der Vertrieb über Onlineplattformen nimmt zu oder wird in manchen Fällen sogar gänzlich darauf umgestellt. Um auch in der sozial-kontaktlosen Zeit weiterhin die Verbindung zum Kunden aufrecht zu erhalten, greifen viele Unternehmen verstärkt zu Onlinelösungen. Egal ob Webkonferenzen oder Onlinesprechstunden, es lässt sich digital umsetzen. Vielen Firmen werden diese individuellen Vorteile von digitalen Lösungen erst jetzt (richtig) bewusst. Denkt man einmal größer, werden ganze Messen virtuell stattfinden. Ausstellende suchen nach Alternativen und wollen Messestände durch 3-D-Scans oder 360°-Aufnahmen digitalisiert anbieten. Es ist sogar denkbar, ganz ohne einen physischen Messestand, sondern mit Planungsdaten einen virtuellen Rundgang des Messestands anzubieten. Die Reisemesse ITB (05.-11.März 2020) macht es mit einem virtuellen Kongress vor. Besucher konnten vom Bildschirm aus teils in Echtzeit und teils über zeitversetzten Livestream an der Messe teilnehmen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Videos im Nachgang weiterhin nachhaltig zur Verfügung stehen. Dieser Aspekt, nicht zu vergessen die Schonung von Ressourcen durch virtuelle Lösungen, bedeutet, dass diese nach der Corona-Krise eine attraktive Möglichkeit darstellen.
Ein solcher Virtual Showroom bietet noch mehr Vorteile. Durch multimediale Inhalte ist es möglich, den Showroom als Vertriebsinstrument zu nutzen. Die Produkte können so beworben werden und einer Onlinebestelloption folgen. Viele Unternehmen aus Branchen wie Automobil-, Mode- oder Möbelindustrie nutzen bereits diese Möglichkeit des Onlinemarketings. Die Erreichbarkeit von Zielgruppen kann so ausgebaut werden. Der entscheidende Unterschied zu einem herkömmlichen Onlineshop oder einer Bildergalerie besteht darin, dass Interessenten interaktiv durch den virtuellen Showroom gehen können. Diese digitale Lösung kommt einem realen Besuch sehr nah. Ebenso besteht in der Unabhängigkeit bzgl. Öffnungszeiten und Standorte für Unternehmen ein entscheidender Vorteil.
Auch in anderen Branchen bieten digitale Lösungen, gerade im Zuge der Corona-Pandemie, eine attraktive Alternative. In der Kultur- und Kreativwirtschaft setzen viele Anbieter bspw. auf Online-Ausstellungen oder Veranstaltungen via Internet. Diese Möglichkeiten bedeutet für viele Unternehmen eine Chance, die Krise positiv zu überstehen.
Fazit
Bereits in der Vergangenheit haben einige Unternehmen die Digitalisierung für ihre Geschäftsmodelle genutzt. Doch die Corona-Krise zwingt viele Unternehmen, welche sich damit eher wenig bis gar nicht beschäftigt haben, ihre Entwicklungen stark anzuziehen. Es wird immer deutlicher, wie wichtig es ist, digitale Tools zu nutzen, um Kunden zu erreichen, betriebliche Prozesse zu optimieren oder auch Dienstleistungen und Produkte zu vermarkten. Eine fehlende Digitalstrategie kann gerade in der aktuellen Situation dazu führen, nicht mehr am Markt bestehen bleiben zu können. Mag Deutschland zwar noch in den Kinderschuhen beim Thema Digitalisierung stecken, so kann die Corona-Krise dazu beitragen, die Entwicklungen so stark wie nie zuvor anzutreiben.
Gern sind wir Ihr Ansprechpartner und unterstützen Sie mit unseren fachlichen Beratungen. Führen Sie hier den Digitalcheck für Ihr Unternehmen durch.
Autorin: Vanessa Walter
Quellen und weiterführende Links:
- https://www.netzoekonom.de/2020/04/11/die-oekonomie-nach-corona-digitalisierung-und-automatisierung-in-hoechstgeschwindigkeit/
- https://www.heise.de/newsticker/meldung/Bitkom-Corona-Krise-koennte-Digitalisierung-Deutschlands-vorantreiben-4694625.html
- https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Deutsche-Unternehmen-geben-sich-eine-Drei-im-Fach-Digitales
- https://www.rkw-kompetenzzentrum.de/gruendung/blog/corona-krise-grosse-chance-fuer-digitale-geschaeftsmodelle/