In vielen Unternehmen Ostdeutschlands verstehen Inhaber, Geschäftsführer und Beschäftigte nach wie vor den Mehrwert der digitalen Arbeitswelt nicht ausreichend (Quelle: IW-Consult). Im Interview mit Stefan Schmidt und Martin Hofmann von z1 Digital diskutierten wir, woran Digitalisierungsprojekte häufig scheitern und wie man eine Implementierung digitaler Systeme zügig und erfolgreich umsetzen kann.
Digitalisierungsängste im Mittelstand
Herr Schmidt, welche Ängste und mentale Hürden stellen Sie im Alltag auf Unternehmerseite fest?
“Von gewachsenen Strukturen, die vermeintlich funktionieren, über Zeitmangel bis hin zu einer allgemeinen Skepsis gegenüber neuen Dingen. Unser Lieblingssatz in diesem Zusammenhang, ist mit all seinen verschiedenen Variationen ganz klar: „Das war schon immer so…“. Unserer Erfahrung nach liegt das in KMU vor allem an fehlendem Wissen über Möglichkeiten der Digitalisierung und die damit verbundenen Kosten.”
In welchen Bereichen macht es Ihrer Meinung nach Sinn, mit der Digitalisierung zu beginnen?
“Natürlich ist dies von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich zu betrachten. Es gibt allerdings auch viele Prozesse im Büro, die in 98% der Unternehmen, mit leichten Unterschieden, vorkommen. Es ist also eine einfache zeit-, wie auch kostensparende Variante der Digitalisierung möglich.”
Digitalisierungsprojekte erfolgreich umsetzen
Herr Hofmann, nehmen wir mal ein solches Projekt “Büro digitalisieren” als Beispiel. Wie würden Sie exemplarisch vorgehen?”
“Zu Beginn muss immer mit dem Geschäftsführer geklärt werden: Was kann die Digitalisierung? Wie kann sie mir helfen und was hat dies für einen Mehrwert für mein Unternehmen? Und an welchen Stellen macht dies wirtschaftlich wirklich Sinn?
Häufig wird dabei klar, dass es Sinn macht, im Backoffice zu beginnen, da hier das Potential zum Zeit- und Kostensparen am größten ist. Verschiedene Arten von Akten und Dokumenten sind Teil eines jeden Unternehmens. In diesem Fall beginnt man am besten mit den Belegen und Rechnungen, da die Papierflut in diesem Bereich einfach am größten ist.”
Warum empfehlen Sie ein schrittweises Vorgehen?
“Weil man sein Unternehmen Schritt für Schritt voranbringen sollte und nicht den großen Masterplan der Digitalisierung mit einem einzigen Ziel umsetzen sollte. Den gibt es nicht, denn der Weg zum Ziel ist immer individuell.
Deshalb beginnen wir in unseren Projekten immer mit einem Schritt. Ein Prozess. Ein Vorgang.”
Wie sollte am Beispiel “papierloses Büro” weiter verfahren werden?
“Zunächst einmal empfehlen wir mit dem Unternehmen die bestehenden Prozesse der Beleg- und Rechnungsablage aufzunehmen und sie vereinfacht darzustellen. Im zweiten Schritt sollten diese Prozesse in ein passendes System übertragen werden. Hierbei fällt oft sehr schnell auf, dass es häufig keine Standardprozesse gibt. Viele Unternehmer gehen davon aus, dass dies den unterschiedlichen Anforderungen verschiedenster Vorgänge geschuldet ist und es nicht „den einen“ Prozess im eigenen Unternehmen geben kann.
Meistens sind dieselben Leute am Ende sehr überrascht, wie gut man für einen Vorgang einen bestimmten Ablauf einhalten kann. Und genau hier liegt das größte Einsparpotential: Zeitgewinn durch einen gleichbleibenden Prozess.
Inwiefern würden Sie empfehlen, die Mitarbeiter in das Projekt mit einzubeziehen?
“Die Mitarbeiter ins Boot zu holen, ist ein essenziell wichtiger Aspekt: Die Schulung und Einführung der Mitarbeiter von Beginn an ist nötig, damit das System am Ende auch genutzt wird. Wir setzen uns meist als Ziel, dass das Unternehmen innerhalb von 2 Tagen effektiv mit der digitalen Lösung arbeiten und diese auch in Eigenregie weiterentwickeln kann. Wir empfehlen dabei nicht nur den direkten Umgang zu schulen, sondern auch die administrative Seite. Dies spart zukünftig zusätzlich Kosten.”
Was muss bei der Auswahl geeigneter Software beachtet werden?
“Das Unternehmen muss an erster Stelle stehen. Das bedeutet, dass sich die Software dem Unternehmen anpassen muss und nicht das Unternehmen an die Software. Wenn ein Unternehmen das gesamte Backoffice in digitale Prozesse umgewandelt und es noch dazu mit Workflows automatisiert hat und das zu 90% ohne externe Unterstützung – dann ist das für uns ein Erfolg.
Für die restlichen 10% kann man sich dann externe Hilfe zu Rate ziehen.”
Herr Schmidt, welche anderen Bereiche bieten sich für die Digitalisierung von Prozessen an?
“Die sind so vielseitig wie die Unternehmen selbst. Produktion, Immobilienverwaltung oder auch Entwicklungsprozesse sind nur einige Beispiele, in welchen Bereichen wir z.B. schnell und effizient digitalisieren konnten.”
Was empfehlen Sie in Hinblick auf die Finanzierung der anfallenden Kosten?
“Beim Thema Programmkosten ist es möglich, sich in einem Rahmen zu bewegen, der viele überraschen wird und weit weg ist von Beträgen z.B. für Spezialsoftware wie CAD-Programme, Statistikprogramme oder spezielle Branchenlösungen. Vorbereitende Maßnahmen wie Prozessanalysen und –begleitung sind sogar förderbar. KMU brauchen daher keine Berührungsängste haben und sollten eher die Chance erkennen, sich und ihr Unternehmen zukunftsweisend aufzustellen.”
Vielen Dank an Martin Hofmann und Stefan Schmidt für das Interview. Sollten Sie eine erste Orientierungsberatung für Ihr Digitalisierungsvorhaben wünschen oder wünschen Sie Infos zu passenden Förderprogrammen? Dann stehen wir Ihnen unter also neutrale Ansprechpartner zur Seite.
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Autorin: Eyleen Sinnhöfer